Bloggen via git push und netlify

Ich habe vor langer Zeit eine Nische in der aufsteigenden ‘Blogospähre’ besetzt und ein hybrides Monstrum aus Magazin, Unsinn, Meinungsteilhabe und digitaler Kuratierung betrieben, das ich teriellblog nannte. Man frage mich bitte nicht warum… Das Blogangebot verharrte im untentschiedenen Zustand zwischen den Themenfeldern Medien, Kunst, Gesellschaft und kam irgendwie konstant und organisch wachsend auf seine Leserschaft. Als Purist mit edler Ambition und im Auftrag der Modernisierung der Kunst war dies natürlich kein kommerzielles Angebot. Und tatsächlich waren alle ausgesprochenen Empfehlungen eine ehrliche Auslese.

Das war wenige Jahre nach der Jahrtausendwende! In dieser Zeit wurden noch Ur-Versionen von PHP benutzt und Wordpress (gestarted in 2003 als ein fork von b2/cafelog) hat man sich lokal erst einmal zurechtgezimmert, bevor man alles auf irgendeinen Server hiefte.

Doch, in dieser Zeit wurde Wordpress nach und nach zum Quasi-Standard, wenn es um handgedengelte Blogs ging. Heute macht der Anteil an Wordpress-Websites laut Wordpress eigentlich ein Monopol aus: ‘It is also the platform of choice for over 35% of all sites across the web. ‘ (Zitat: Wordpress).

Vor also ca. 16 Jahren fand ich Wordpress spitze. Es hat mir persönlich über viele Projekte hinweg gute Dienste getan und mich zu einigen Experimenten verlockt. Bloggen als eine Form von Schreiben und Meinungsteilhabe ist sicher auch ein Verdienst von Wordpress. Insofern: Kudos!

ABER!

Heute sehne ich mich nach angemesseneren Formen des Herstellen eines Blogs oder einer Seite. Ich möchte nicht mehr unbedingt ewig lange in einem Admin-Bereich herumzappeln und stetig neue Plug-Ins oder Wordpress-Versionen updaten und backups ziehen. In Zeiten von Medium, Dopbox Paper und zahlreichen anderen Plattformen ist diese Art der Kanalschaffung auf irgendwie aus der Zeit gefallen.

Wenn ich mir aber z.B. einen kleinen Blogkanal wie diesen hier bauen möchte, dann sind heute auf Basis von Jamstack-Ansätzen einfach viele nette Möglichkeiten am Start.

Der Vorgang wäre grob gesagt so:

  • Ich entscheide mich für eine Technologie, z.B. HUGO
  • Bastel mir eine Ausgangslage zurecht, die ich dann in einem git repository pflege, z.B. via github
  • Ich hoste das fertige Ding via CDN, z.B. via netlify
  • (Optional) Ich klemme eine Domain an und konfiguriere die DNS Einträge

Welche Änderungen ergeben sich?

  • Ich kann nun (im Beispiel dieses mini-stacks) lokal mit hugo new xyz neue Seiten oder Posts als Markdown (welches z.B. mit dem Blackfriday Processor verarbeitet wird - siehe auch die Daring Fireball Syntax) anlegen und Metainfos im Frontmatter-Bereich bequem unterbringen (von tags, bis hin zu Informationen wie Datum oder Post-Status).
  • Ich schreibe (wenn ich mich gegen ein CMS entschieden habe, was auch möglich wäre) im Editor meiner Wahl, etwa Sublime. Hierdurch kann ich mir ein ablenkungsloses Szenario schaffen und mich voll und ganz auf das Thema konzentrieren. Bei Wordpress fand ich das nie so einfach. Auch Latenzen während automatischen Zwischenspeicherungen oder ähnliche Fuckups müssen mich hierbei nicht mehr ärgern. Das ist wirklich nett!
  • Meine Änderungen sind natürlich direkt fein säuberlich via repository pflegbar, ich könnte mir sogar eine branching-Logik ausdenken, wenn ich ein potentiell aufwändiges Projekt betreiben würde.
  • Das remote repository auf Github wird nun zu meiner Quelle für netlify. Netlify stößt also einen Build/Deployment-Prozess an, sobald ich meine Änderungen gepushed habe. Auch für PR’s würde es hier die entsprechenden Abläufe geben. Netlify bietet hier eine Vielzahl von Optionen an, die man für einfache Projekte gar nicht benötigen würde. Dennoch bin ich wirklich absolut begeistert von dem, was netlify bereits zum Nulltarif anbietet. Aber nochmal zum Ablauf: Das Veröffentlichen eines neuen Artikels würde gitzentrisch via git push my-remote my-branch ausgelöst, denn der commit würde netlify zum erneuten deploy veranlassen. Mit Hugo, das auf GO basiert, geht die Build-Erstellung extrem (!) schnell. Sobald man also via console den Commit rausgejagt hat, ist auch eigentlich schon fast alles online. NICE!

Im Vergleich zu alten Schlachtrössern

Worpress (ohne hier negativ sein zu wollen, da Wordpress wirklich seinen historischen Ehrenplatz erarbeitet hat!) wirkt un-minimalistisch, aufgeblasen, komplex und pflegebedürftig im Vergleich zu einem Hugo-Git-CDN Ansatz. Letzterer wirkt im Vergleich geradezu entschlackt, zielgerichtet, fokussiert.

Die alten Schlachtrösser haben ihre Historie. Sie sollten Menschen in die Lage versetzen, selbst etwas erstellen zu können, um es mit der Welt zu teilen. Dabei sind immer mehr Dinge, Knöpfe, Plug-Ins usw. entstanden. Aber die Logik von vor 15 Jahren wurde nie merklich verlassen. Wenn man heute noch selbst die Show aufbauen will und nicht einzig auf Plattformen wie Medium die Meinungsvielfalt der Welt bereichern möchte, dann gibt es heute viele gute, und sicher zeigemäßere Alternativen.

DOCH: Auf den ersten Blick wirkt und ist der beschriebene Ansatz sicher auch etwas TECHNISCH! Man sollte vermutlich am besten verstehen, was Versionskontrolle und ein Repository sind, wie GO und Hugo installiert werden und was zum Teufel dieser Deployment-Prozess auf Netlify bedeuten soll! Auch dann hat man noch keine DNS-Einträge gemacht …

Aber hey - ihr benutzt alle ein verdammtes Smartphone! Tut nicht so, als würdet Ihr Euch nicht an die Technologie anpassen! Auch Word wurde mal gelernt, auch Schreibmaschine und Faxen. Selbst Lesen wurde mal gelernt. Allerdings fängt das alles einfach mit MACHEN an! Worpress kommt ebenso mit einer Lernkurve daher, diese wird meist unterschätzt. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass von diesen 35% aller Internetseiten 50% granatnschlecht eingerichtet und fehlerhaft sind 😂

Benefits in Sachen Deployment, Performance, SEO und CO

Mit dem beschriebenen Ansatz wird Bloggen wieder zur Freude und erfordert aber auch ein wenig Kenntnis zur Technik. Die Vorteile, neben den beschriebenen, sind aber vor allem auch im Bereich der Prozess-Sicherheit zu sehen. Versionen können transparent und auch kollaborativ mit vielen kontrolliert und gepflegt werden. Sicherungen sind jederzeit zu machen, aber Fehler können auch problemlos rückgängig gemacht werden. Beim Schreiben kann man den Lieblingseditor nehmen und muss sich nicht unnötig ablenken lassen.

Die Vielfalt der Möglichkeiten die Netlify bietet, wenn es z.B. durch ein git-repo gefeuert wird, sind grandios. Man könnte sich ohne Probleme Staging-Ebenen einziehen, Notifications für bestimmte Events (etwa einer erfolgreichen Veröffentlichung) versenden oder oder oder … Mit Hugo geht alles schnell und effektiv von der Hand und es ist nichtmal zwingend nötig eine Datenbank zu pflegen, wenn auf Markdown zurückgegriffen wird. Vor allem werden aber mit Hugo statische Seiten generiert, die dann z.B. bei einem Google PageSpeed Test nette Ratings ergattern können. Diese Seite hier hatte meist ein Desktop-Rating von 97-98 von 100 im Lighthouse-Score erreicht. Für den Zweck der Seite reicht mir das :) Gleiches gilt für SEO und Sicherheit. Statische Seiten bieten hier Vorteile. Bei Wordpress mussten stets tonnenweise Updates gemacht werden und für SEO-Zwecke wurden Plug-Ins installiert. Manchmal auch bezahlt. Performancemäßig liegt es in der Natur der Sache, dass Wordpress hier eigentlich nicht wirklich mithalten kann.

Meine Empfehlung

Ich empfehle jedem, der sich ein wenig Einarbeitung in neue technische Gefilde zutraut, einfach mal was Neues zu probieren. Nicht, um den alten Schlachtrössern die Community zu dezimieren, sondern um neuen Projekten einen Zuwachs zu verschaffen, wenn sie es verdienen. Ganz praktisch ist es immer eine Frage des Geschmacks, aber nach meinen ersten Feldversuchen kann ich nur Positives berichten.

Netlify möchte ich hier nochmals hervorheben. Ich habe damit inzwischen verschiedene Projekte gemacht, auf VueJS, Hugo und anderen Grundlagen basierend, und bin absolut begeistert. Viele, die heute noch klassisch hosten lassen, sollten sich hier mal anschauen, was man bereits für 0€ hinbekommt.

Insgesamt hat sich viel getan und ich bin sicher, viele kreative Geister werden die Möglichkeiten erkennen :)